Definition: Was ist eine Sanktion und welche Arten von Sanktionen gibt es?

Spätestens seit dem Krieg in der Ukraine durch Russland ist das Thema Sanktionen in den öffentlichen Fokus gerückt. Aber was ist eigentlich eine Sanktion, warum werden Sanktionen verhängt und wer ist betroffen? Wir liefern alle wichtigen Informationen im Überblick. In diesem umfassenden Ratgeber bieten wir Ihnen einen strukturierten Einstieg in das Thema Sanktionen, listen Ihnen viele weiterführende Ressourcen auf und geben Ihnen Software-Tipps für den unternehmerischen Alltag.

Definition: Sanktion

Was ist eine Sanktion?

Der Begriff „Sanktion” basiert auf dem lateinischen „sanctio”, was ursprünglich so viel wie „Heilung” oder „Billigung” meinte. Im Laufe der Zeit unterlief der Begriff jedoch einen Bedeutungswandel: Sanktionen beschreiben im Allgemeinen reaktionäre Maßnahmen, die in Form einer Belohnung oder Bestrafung auftreten und zu einem gewünschten Verhalten anreizen sollen.

Konkret wird der Begriff „Sanktion” vor allem im rechtlichen Kontext verwendet, wobei die genaue Bedeutung je nach Rechtsgebiet variiert. Häufig werden jedoch sogenannte Sanktionen verhängt, wenn ein völkerrechtlicher Verstoß vorliegt. Politische, wirtschaftliche und bzw. oder militärische Maßnahmen sollen dann dazu führen, dass das geltende Völkerrecht umgesetzt und bestimmte Vereinbarungen eingehalten werden.

Wer kann Sanktionen verhängen?

Sanktionen gehen häufig von den Vereinten Nationen (UNO) oder der Europäischen Union (EU) aus. Der EU-Rat kann Beschlüsse des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen umsetzen lassen, aber auch durch eigene Maßnahmen ergänzen und eigenständig Sanktionen als Teil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) beschließen.

Wer kann sanktioniert werden?

Die EU definiert vier Gruppen möglicher Adressaten von Sanktionen. Dazu gehören demnach:

  • Regierungen von Staaten, die nicht zur EU gehören
  • Unternehmen oder Organisationen, welche die bestraften Regierungen unterstützen
  • Vereinigungen oder beispielsweise Gruppen von Terroristen
  • Einzelpersonen, welche zum Beispiel einen terroristischen Hintergrund haben

Was sind die Ziele von Sanktionen?

Die EU möchte nach eigenen Angaben mit beschlossenen Sanktionen:

  • gemeinsame Werte, Interessen und die EU-Sicherheit bewahren
  • demokratische, rechtsstaatliche Verhaltensweisen sowie Menschenrechte und das Völkerrecht fördern
  • internationalen Konflikten entgegenwirken und globale Sicherheit sowie Frieden fördern

Sanktionsmöglichkeiten: Mit welchen Maßnahmen werden Sanktionen umgesetzt?

Sanktionen werden häufig mit einem Importverbot oder Exportverbot von Waren in Verbindung gebracht. Es gibt jedoch viele verschiedene Maßnahmen, die nach dem Beschluss von Sanktionen gelten können. Diese können politischer, wirtschaftlicher oder aber militärischer Art sein. Die Europäische Union differenziert folgende Kategorien:

  • Einfrieren von Vermögenswerten
  • Nichtverfügbarkeit von finanziellen Mitteln
  • diplomatische Sanktionen
  • Reiseverbote
  • Wirtschaftssanktionen
  • Waffenembargo

Welche Arten von Sanktionen gibt es?

Die Ziele, Umsetzungswege, Maßnahmen und betroffenen Entitäten können von Fall zu Fall variieren. Deshalb sind begrifflich verschiedene Arten von Sanktionen zu unterscheiden, und zwar …

… nach Kontext

Auf allgemeiner Ebene kann der Begriff „Sanktion” sowohl

  • positiv konnotierte Maßnahmen (wie etwa ein Lob) – als auch
  • negativ konnotierte Maßnahmen (wie etwa eine Bestrafung oder einen Ausschluss)

beschreiben.

… nach Ziel der Sanktionen

Sanktionen können darüber hinaus entweder restitutiv oder repressiv sein:

  • restitutive Sanktionen: Soll durch die Maßnahmen erzwungen werden, dass die Regierungen, Einzelpersonen, Organisationen oder Einrichtungen bestimmte Schritte gegen geltende Vereinbarungen rückgängig machen, spricht man von einem restitutiven Charakter.
  • repressive Sanktionen: Sollen die Maßnahmen das Fehlverhalten jedoch abstrafen, geht es um repressive Sanktionen.

… nach Umsetzungsweg

Die Vereinten Nationen unterscheiden beim Verhängen von Sanktionen außerdem zwischen nicht-militärischen sowie militärischen Sanktionsmöglichkeiten.

… nach sanktionierter Entität / Adressaten

Wer nach aktuellen Sanktionen sucht, dem fällt auf: Die Listen der Verordnungen unterscheiden sich nach personenbezogenen und länderbezogenen Maßnahmen.

… nach inhaltlichem Fokus

Ein Begriff, der häufig Synonym mit dem Wort Sanktionen genutzt wird, ist „Embargo”. Streng genommen unterscheiden sich die beiden jedoch in ihrer Bedeutung – Embargos sind eine Unterart von Sanktionen, genau wie Finanzsanktionen. Ein Überblick:

  • Sanktionen können eine große Bandbreite an Maßnahmen umfassen, zum Beispiel politisch-diplomatische und militärische Schritte sowie Finanz- und Handelsbeschränkungen. Es ist der übergeordnete Begriff.
  • Finanzsanktionen umfassen Maßnahmen im Finanzsektor. Sie schränken den Zugang zu Finanzmärkten ein, verbieten finanzielle Transaktionen und frieren Vermögenswerte von Ländern oder Personen ein.
  • Embargos (in der Praxis auch als Handelsembargos bezeichnet) hingegen beschreiben nur solche Sanktionen, die sich auf den Handel von Waren und Dienstleistungen beziehen.
  • Embargos können wiederum auf bestimmte Wirtschaftssektoren begrenzt sein – ein prägnantes Beispiel dafür sind die sogenannten Waffenembargos. Sie sollen den Handel und die Verbreitung von Rüstungsgütern und Waffen unterbinden.

… nach Umfang

Embargos werden häufig danach unterschieden, wie umfassend ihr Maßnahmenkatalog ist.

  • Teilembargos beschränken sich auf bestimmte Sektoren. Ein Waffenembargo etwa zielt auf die Rüstungsindustrie und -beschaffung eines Landes ab.
  • Totalembargos hingegen bedeuten einen kompletten Shut-Down des bi- oder multilateralen Handels. Alle Wirtschaftsbeziehungen werden verboten.

Gut zu wissen: In der Praxis sind Totalembargos sehr selten – die meisten Handelssanktionen sind Teilembargos, die de facto jedoch sehr umfangreich sein können.

EU-Sanktionen

Die Europäische Union definiert eigenständig oder auf Basis von Beschlüssen der Vereinten Nationen (VN) Sanktionen gegenüber bestimmten Personen und Entitäten, falls diese beispielsweise die Einhaltung von Menschenrechten missachten. In entsprechenden Verordnungen werden die Details der Sanktionen festgelegt. Dort wird etwa definiert, wo die Sanktionen gelten und wie deren Umsetzung erfolgt. Verordnungen gelten für alle Organisationen und Personen des Gebiets der Union. Ein Verstoß wird nach einem Beschluss von November 2022 als Straftat geahndet.

 

EU-Parlament

Wie werden Sanktionen in der Europäischen Union beschlossen?

Zunächst muss der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik einen Vorschlag für eine Sanktion einreichen. Dieser wird durch verschiedene Gremien geprüft. Anschließend muss der Rat der Europäischen Union über den Vorschlag abstimmen. Bei Einstimmigkeit wird häufig eine entsprechende Verordnung erlassen. Auch dafür ist zu Beginn ein offizieller Vorschlag durch den Hohen Vertreter sowie die Europäische Kommission nötig. Sobald dieser durch Referenten geprüft und von Rat und AStV II angenommen wurde, wird die Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union publiziert. Dieser Schritt bedeutet gleichzeitig das Inkrafttreten der Verordnung über ein Sanktionspaket.

Soll eine Sanktionierung beschlossen werden, müssen sich alle beteiligten Stellen an bestimmte Grundprinzipien halten, die 2004 festgelegt wurden. Es bestehen außerdem Leitlinien über:

Wo finde ich die aktuellen Sanktionspakete der Europäischen Union? 

Einen Überblick über weitere bestehende Sanktionen der EU liefern folgende Tools:

Im Spotlight: EU-Sanktionen gegen Russland

Nach der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 sowie dem Beginn des Invasionskriegs in der Ukraine im Februar 2022 bestehen umfassende Sanktionen gegenüber russischen Personen, Parteien, Streitkräften, Finanzinstituten, Medien, Unternehmen aus verschiedenen Branchen und weiteren Organisationen mit Ursprung in Russland.

russland-sanktionen

US-Sanktionen

Wie komplex das Thema Sanktionen für Unternehmen in der Praxis wird, zeigt das Beispiel der US-Sanktionen. Denn Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union sollten tatsächlich nicht nur die EU-eigenen Sanktionsbeschlüsse im Blick haben. Auch Handelsbeschränkungen und Finanzsanktionen, die von den USA beschlossen wurden, können für sie relevant werden.

Die Besonderheit: Das ist nicht nur dann der Fall, wenn das Unternehmen mit US-basierten Geschäftspartnern, Mitarbeitern, Waren oder Transaktionen involviert ist (primäre Sanktionen). Auf Umwegen können auch sogenannte sekundäre Sanktionen greifen – und zwar dann, wenn Kontakt mit den primären Sanktionszielen der USA besteht.

Auswirkungen von Sanktionen auf die Einfuhr & Ausfuhr von Waren

Sanktionen bedeuten – vor allem für Unternehmen, die im Außenhandel tätig sind, aber auch alle anderen – umfassende Prüf- und Dokumentationspflichten:

Für EU-Unternehmen bestehen Prüfpflichten

Für europäische Unternehmen und Banken ist die Einhaltung von Handelsbeschränkungen im Rahmen von Wirtschaftssanktionen der EU und der VN imperativ; sogar US-Embargos und -Finanzsanktionen können relevant werden. Unter Umständen müssen auch eigene Mitarbeiter geprüft werden. Hierbei ist große Vorsicht geboten, denn Sanktionen (zum Beispiel über Drittstaaten) zu umgehen, bedeutet eine Straftat. Bei Missachtung der Sanktionen sind daher Strafmaßnahmen zu erwarten.

Was also haben Unternehmen konkret zu tun?

  • Geschäfte und Transaktionen mit sanktionierten Entitäten vermeiden / abbrechen
  • jegliche gefundene Sanktionslistentreffer melden
  • Sanktionslistenprüfungen dokumentieren

Unternehmen benötigen umfassende Due-Diligence-Programme

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Stefan Kluge

"Sanktionslistenprüfung geht jedes Unternehmen an" Fachlich beschäftige ich mich seit 2018 mit Embargos, Exportkontrolle und Trade Compliance sowie im Speziellen mit dem Thema Sanktionslisten. Bei der BEX arbeite ich vor allem im Bereich Marketing. Kommen Sie bei Fragen gerne auf mich zu.