Bei dem Export von Waren sind bestimmte Gesetze und Verordnungen zu beachten. Hierzu zählt die Dual-Use-Verordnung. Sie listet Güter mit doppeltem Verwendungszweck – also solche, die sowohl einen militärischen als auch zivilen Nutzen haben können (Dual-Use). Vor der Verbringung von Waren müssen Unternehmen die zu exportierenden Güter daher prüfen und gegebenenfalls eine Ausfuhrgenehmigung einholen. Wir erklären, was Dual-Use-Güter sind und wie Exporteure vorgehen müssen.
Doppelter Verwendungszweck: Was sind Dual-Use-Güter?
Unter Dual-Use versteht man den doppelten Verwendungszweck von Waren. Diese Waren können neben dem zivilen Einsatz ebenfalls militärisch genutzt werden. Hierzu zählen beispielsweise Luftfahrtelektronik, Schiffstechnik und besondere Werkstoffe. Vermeintlich harmlose Dinge können möglicherweise missbräuchlich verwendet werden. Ein Beispiel für den doppelten Verwendungszweck ist die Lippenstifthülse aus Aluminium. Denn aus den einfachen Aluminiumhülsen können nicht nur Lippenstifthülsen, sondern auch Patronenhülsen hergestellt werden. Deshalb zählen diese zu den genehmigungspflichtigen Gütern und müssen von der zuständigen Behörde, dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) überwacht werden.
VIDEO: So erklärt die BAFA Dual-Use Güter
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz BAFA, ist dafür zuständig, dass deutsche Exporte nicht missbräuchlich eingesetzt werden. Die Wichtigkeit der Ausfuhrkontrolle und Beispiele für Dual-Use werden in zwei Minuten leicht verständlich erläutert.
Ziel der Exportkontrolle durch Güterlisten
Physische Güter sowie Software und Technologie können für militärische Vorhaben zweckentfremdet werden. Aus diesem Grund unterliegen nicht nur Waren, die offensichtlich als Rüstungsgüter deklariert sind, einer strengen Exportkontrolle. Auch solche Waren, deren Verwendung im Zusammenhang mit militärischen Zielen möglich ist, unterliegen Beschränkungen. Sie sind dann in einer der EU-weit oder national geltenden Güterlisten aufgeführt, die besagen, dass unter anderem ihr Export einer besonderen Genehmigung bedarf.
Denn die Ausfuhr, aber auch die technische Unterstützung oder Vermittlung solcher Güterarten können beispielsweise zur Aufrüstung kriegerischer beziehungsweise terroristischer Parteien oder zur Proliferation von Waffen beitragen, mit denen dann unter anderem das humanitäre Völkerrecht verletzt wird. Dasselbe gilt für die Durchfuhr und Verbringung solcher Waren, Softwaren und Technologien durch beziehungsweise in das Zollgebiet der Europäischen Union.
Um also die nationale und internationale Sicherheit zu gewährleisten, wurde eine Kontrolle der Ausfuhr, Einfuhr, Durchfuhr, Vermittlung oder Unterstützung von Dual-Use-Gütern eingeführt.
Welche Waren sind auf den Güterlisten gelistet und benötigen eine Genehmigung?
Die sogenannten Dual-Use-Güter, für die jeder Ausführer eine Genehmigung einholen muss, sind in den verschiedenen Güterlisten zu finden:
Anhang I der Dual-Use-VO
Die Dual-Use-Verordnung 2021 / 821 der Europäischen Union basiert auf vier wichtigen internationalen Absprachen bezüglich des Exports und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen:
- Nuclear Suppliers Group
- Missile Technology Control Regime
- Australia Group
- Wassenaar Arrangement
Sie definiert, wie die Ausfuhr bestimmter Güter in der gesamten EU zu reglementieren ist. Neben der Unionsregelung für die Kontrolle der Dual-Use-Güter führt die Verordnung ebenfalls auf, welche Arten von Waren, Technologien und Softwaren von der Genehmigungspflicht betroffen sind. Anhang I der Dual-Use-Verordnung umfasst dabei viele dieser Güter.
Anhang IV der Dual-Use-VO
Anders als bei Gütern in Anhang I der Verordnung sind die hier gelisteten Dual-Use-Güter auch von einer Genehmigungspflicht innerhalb der EU betroffen.
!!! Achtung: Seit Dezember 2023 gilt eine Neufassung der Dual-Use-Verordnung, mit der Änderungen der Güterlisten einhergehen!
Nationale Ausfuhrliste
Auf Basis des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung bestehen außerdem nationale Ausfuhrbeschränkungen für bestimmte Dual-Use-Güter. Sie sind in der Ausfuhrliste zu finden, welche der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) anhängt.
Während Abschnitt A der Ausfuhrliste Informationen zu Rüstungsmaterial wie Waffen und Munition enthält, listet Abschnitt B der Ausfuhrliste die national festgelegten Dual-Use-Güter.
Güterliste prüfen, Strafen vermeiden
International exportierende Unternehmen müssen eine Reihe von Gesetzen beachten, hierzu zählen insbesondere das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und die Außenwirtschaftsverordnung (AWV). Sobald Ausführer Dual-Use-Güter über den Zoll versenden oder damit die EU durchfahren, benötigen sie eine Genehmigung.
Laut dem § 18 Abs. 5 der Dual-Use-Verordnung können Unternehmen ohne die erforderliche Genehmigung mit einer Geldstrafe bis 500.000 € oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren rechnen. Ein Verstoß gegen die Genehmigungspflichten bei Dual-Use-Gütern kann also hohe Konsequenzen nach sich ziehen. Unser Rat deshalb: Informieren Sie sich gründlich über mögliche Beschränkungen bei der Ausfuhr der eigenen Güter!
Was müssen Unternehmen bei Dual-Use-Gütern beachten?
Dual-Use identifizieren
Unternehmen müssen prüfen, ob ihre Artikel Dual-Use-Güter sind. Als Hilfsmittel zur Prüfung Ihrer Waren gelten das Umschlüsselungsverzeichnis und die Angaben der Maßnahme 478 im elektronischen Zolltarif. Beide verweisen bei Warennummern auf bestimmte Ausfuhrlistenpositionen. Diese Hilfsmittel sind jedoch nicht rechtsverbindlich und können den Umgang mit der Ausfuhrliste lediglich erleichtern. Daher ist es für jedes Unternehmen ratsam, zusätzlich die Ausfuhrliste gesamthaft zu betrachten. Diese ist in 10 übersichtliche Kategorien unterteilt. Welche Kategorien für Ihr Unternehmen relevant sind, lässt sich meist an den Überschriften ableiten. Treffen die Eigenschaften Ihrer Ware auf die Merkmale, die in der Ausfuhrliste beschrieben werden zu, ist die Ware genehmigungspflichtig.
Ausfuhrgenehmigung beim BAFA beantragen
Sie haben für die zu exportierenden Güter auf der Grundlage von EU-Güterlisten oder der nationalen Ausfuhrliste einen möglichen doppelten Verwendungszweck identifiziert? Dann handelt es sich um Dual-Use-Güter, für die Sie entweder eine Allgemeingenehmigung nutzen oder eine Genehmigung bei der BAFA beantragen müssen. Sollte diese Genehmigung nicht erteilt werden, dürfen Sie Ihre Ware nicht ausführen. Bei Allgemeingenehmigungen beachten Sie, dass ggf. Meldepflichten bestehen.
Die genaue Vorgehensweise beschreiben wir in unserem Beitrag zum Thema Ausfuhrgenehmigung.
Ausfuhranmeldung durchführen
Bei der Ausfuhranmeldung muss das Ergebnis der Dual-Use-Prüfung in Form einer Codierung angegeben werden. Dies gilt auch, wenn die Ware nicht auf die Merkmale in der Ausfuhrliste zutrifft. In diesem Fall handelt es sich um die Codierung Y901.
Wenn jedoch die Ware Dual-Use Eigenschaften aufweist, ist die Codierung X002 auf der Ausfuhranmeldung anzugeben. Zusätzlich muss bei dieser Codierung angegeben werden, welche Genehmigung verwendet wird.
Dual-Use-Verordnung 2021/821
Im März 2021 wurde die neue EU-Dual-Use-Verordnung verabschiedet. Am 10. Mai nahm auch der Europäische Rat die Verordnung formell an, sodass sie am 11. Juni im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde. 90 Tage später, ab 9. September 2021, tritt die neue Verordnung nun in Kraft.
Die Verordnung beinhaltet:
- Modernisierung des EU-Systems für Ausfuhrkontrolle
- Vermittlungstätigkeit und technische Hilfe
- Durchfuhr und Verbringung von Dual-Use-Gütern (Güter, Software und Technologie mit doppeltem Verwendungszweck, können für sowohl zivile als auch militärische Zwecke verwendet werden)
- Bestimmte Erleichterungen durch neue Genehmigungsformen für Unternehmen
- Strengere Kontrollvorschriften für Ausfuhren bestimmter Abhör- und Überwachungstechnik
- Vertiefte Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten durch neue Abstimmungsmechanismen
- Verstärkte Kooperation Ebene zwischen Genehmigungs- und Zollbehörden der EU
- Mehr Transparenz im Jahresbericht der EU-Kommission
Welche anfänglichen Vorschläge sind nicht in der finalen Verordnung?
Die folgenden Vorschläge der Kommission oder des Parlaments haben es nicht in die Verordnung geschafft. Das sind:
- eine EU-autonome Güterliste
- neue Terrorismus-Catch-All-Klausel bzw. Due-Diligence-Pflicht
- Genehmigungspflicht für technische Unterstützung, Vermittlungsgeschäfte und Durchfuhr von nicht-gelisteten Dual-Use-Gütern
- Beschränkungen der Genehmigungsdauer (auf ein Jahr)
- ICP-Verpflichtung für alle Genehmigungsverfahren
- Neue Genehmigungskriterien
- EU-Allgemeingenehmigung für geringwertige Güterlieferungen und Frequenzumwandler
- EU-Allgemeingenehmigung für die Verbringung von Anhang IV Gütern
Aus Sicht von Exportkontrollverantwortlichen und der Wirtschaft ist dies sicherlich der ein oder andere Grund um aufzuatmen. Allein die Einführung der EU-autonomen Güterliste hätte weitreichende Konsequenzen zur Folge gehabt.
Was umfasst die Reform?
Die Genehmigungspflicht für gelistete Güter des Anhang I in Artikel 3 sowie die Catch-All-Regelungen für nicht gelistete Güter in Artikel 4 bleiben unverändert bestehen. Hinzu kommt eine neue Catch-All-Regelung in Artikel 5 für die Ausfuhr nicht gelisteter digitaler Überwachungsgüter (cyber surveillance items). Welche Güter unter diesen Begriff fallen, wird in den Begriffsbestimmungen des Artikel 2 Nr. 20 definiert.
Wie können Unternehmen am besten auf die Änderungen reagieren?
- Überarbeiten und Anpassen bestehender ICP und Arbeits- und Organisationsanweisungen
- Erweitern der Red-Flag bezüglich Überwachungstechnik und Menschenrechte
- Überprüfen neuer Verfahrensvereinfachungen
- Umsetzen von Leitlinien und Merkblättern der BAFA
- Erstellen notwendiger exportkontrollrechtlicher Strukturen (ICP, Stoppfunktionen, Weisungsrechte)
- Schulen und Sensibilisieren von Mitarbeitern
Wie beeinflusst die Verordnung die Zusammenarbeit in der EU?
Mit der neuen Dual-Use-Verordnung soll die Zusammenarbeit innerhalb der EU besser gefördert werden. Artikel 10 der Verordnung ermöglicht EU-Mitgliedstaaten den Zugriff auf nationale Güterlisten anderer Mitgliedstaaten, sodass eine schnellere Reaktion möglich wird. Bisher musste die eigene Listenposition in einer nationalen Dual-Use-Güterliste aufgenommen oder abgewartet werden bis man international von den Exportkontrollregimen gelistet wurde. Dies kann nun übersprungen und direkt auf die bereits bestehenden Listungen zugegriffen werden.
Mit Inkrafttreten der neuen Verordnung gelten zwei neue Allgemeine Ausfuhrgenehmigungen für alle Unternehmen mit Sitz in der EU. Außerdem soll ein einheitliches Exportkontrollsystem aller EU-Mitgliedstaaten geschaffen werden. Bestimmte Regelungen sollen eine engere Zusammenarbeit der Genehmigungsbehörden ermöglichen. Der Artikel 24 bildet eine rechtliche Grundlage für die Einsetzung einer Koordinierungsgruppe, welche sich aus Vertretern der einzelnen Staaten zusammensetzt. Diese Gruppe soll Fragestellungen prüfen und erörtern, was sich aus den einzelnen Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Verordnung ergibt.