Der EU-Zolltarif basiert auf der Kombinierten Nomenklatur, welche wiederum aus der Verordnung EWG Nr. 2658 78 hervorgeht. Letztere war die historische Grundlage für den Zolltarif der Europäischen Union und hat noch heute eine große Bedeutung – denn gemäß Artikel 12 wird der Anhang I der Verordnung inklusive der Kombinierten Nomenklatur und den Zollsätzen jährlich aktualisiert. In diesem Beitrag geben wir einen allgemeinen Überblick zu den rechtlichen Grundlagen des EU-Zolltarifs, seiner historischen Wurzeln und seiner möglichen Zukunft.
Inhaltsverzeichnis:
Die Verordnung EWG Nr. 2658 78 und die Historie des Zollrechts
Das Zollrecht ist ein wichtiger Bestandteil des europäischen Integrationsprozesses und entwickelte sich im Laufe der Zeit parallel zur Gründung und Entwicklung der Europäischen Union (EU) und ihrer Vorläuferorganisationen. Erste Ansätze zur Harmonisierung der Zollvorschriften und -verfahren innerhalb der europäischen Länder datieren zurück in die 1950er Jahre, als die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) gegründet wurde. Mit dem Vertrag von Rom im Jahr 1957 wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) eingeführt.
Im Jahr 1968 wurde der „Zollkodex der Europäischen Gemeinschaften“ (ZK) erlassen. Er bildete die erste einheitliche rechtliche Grundlage für das Zollwesen innerhalb der EWG und für die heutige Europäische Zollunion. Zweck des Zollkodexes war die Festlegung von Regeln zur Einreihung von Waren, der Erhebung von Zöllen und anderen Zollverfahren.
Die Verordnung EWG Nr. 2658 87, auch bekannt als „Zollkodex der Europäischen Gemeinschaften“, trat am 1. Januar 1988 verbindlich in Kraft.
Im Jahr 1993 etablierte der Vertrag von Maastricht die Europäische Union (EU) als Nachfolgeorganisation der EWG. Mit dem Vertrag von Lissabon im Jahr 2009 erhielt die EU ihre aktuellen rechtlichen Grundlagen. Der „Unionszollkodex“ (UZK) trat am 1. Mai 2016 in Kraft und ist die weiterentwickelte Form der Verordnung EWG Nr. 2658 87. Der UZK modernisierte und harmonisierte die Zollvorschriften in der EU vollständig. Ziel dieser Maßnahme war die Herstellung eines einheitlichen Zollrechts und eines gemeinsamen Zolltarifs.
Gut zu wissen: Die Verordnung EWG Nr. 2658 87 Anhang I legt die Kombinierte Nomenklatur als Regelwerk für die Zolltarifierung in der Europäischen Union fest. Der Anhang I der Verordnung muss jedoch stets zeitgemäß sein, um Anwendung finden zu können. Deshalb beinhaltet Artikel 12 der Verordnung den Auftrag für die Europäische Kommission, jährlich eine neue Fassung der Warennomenklatur zu erarbeiten. Eine Erläuterung der Updates für den gemeinsamen Zolltarif sind dann immer im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft zu finden.
Rechtliche Grundlagen des Zolltarifs
Die rechtlichen Grundlagen des Zolltarifs bestehen neben der Verordnung EWG Nr. 2658 87 aus einem vielschichtigen Geflecht aus nationalen Gesetzen, internationalen Abkommen und standardisierten Regelungen. Sie bilden die Basis für den gemeinsamen Zolltarif der EU. Letzterer legt wiederum fest, wie man Waren im internationalen Handel mit Unternehmen in der Europäischen Union einreihen und besteuern muss. Außerdem enthält er Erklärungen dazu, welcher Prozess zur Abwicklung des grenzüberschreitenden Handels vorgesehen ist.
Im Folgenden sind die rechtlichen Grundlagen des Zolltarifs näher aufgeführt:
1. Nationale Gesetze und Verordnungen:
Auf nationaler Ebene erlassen die Regierungen Gesetze und Verordnungen über die zolltarifliche Systematik ihres Landes. Diese Gesetze legen fest, wie Waren klassifiziert, welche Zollsätze auf sie angewendet werden und wie die Abwicklung von Zollverfahren erfolgt. Sie können auch Bestimmungen für Ausnahmen von Zöllen oder zum Beispiel die Anforderung an Waren für die Nutzung von Vorzugstarifen enthalten. Die nationalen Zollgesetze variieren von Land zu Land und spiegeln die jeweiligen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Ziele wider.
2. Internationale Handelsabkommen:
Staaten schließen bilaterale, regionale und multilaterale Handelsabkommen [Verlinkung auf den Beitrag zu den EU-Handelsabkommen, sobald dieser online ist], um den Handel zu erleichtern und Handelshemmnisse zu beseitigen. Diese Abkommen können spezifische Bestimmungen für Zollsätze und Zollverfahren zwischen den beteiligten Ländern enthalten. Ein Beispiel ist das United States-Mexico-Canada Agreement (USMCA), oder das Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) zwischen der EU und Kanada. Solche Abkommen schaffen seit jeher neben der Verordnung EWG Nr. 2658 87 eine zusätzliche Grundlage für den Zolltarif und fördern den Handel zwischen den Parteien.
3. Harmonisiertes System (HS):
Das Harmonisierte System ist ein international anerkanntes Klassifikationssystem für Waren, das von der Weltzollorganisation (WCO) entwickelt wurde. Es unterteilt Erzeugnisse in verschiedene Kategorien und weist ihnen spezifische Kennzahlen zu, die als HS-Codes bezeichnet werden. Weltweit haben sich viele Länder bei der Entwicklung ihrer Regeln zur Klassifikation von Produkten auf das Harmonisierte System gestützt und wenden dieses in ihren Zolltarifen an. Dies ermöglicht eine einheitliche Identifizierung und Klassifizierung von Handelsgütern über Ländergrenzen hinweg, was zur effizienten Anwendung von Zollsätzen beiträgt.
4. World Customs Organization (WCO) Leitlinien:
Die WCO gibt internationale Leitlinien, Empfehlungen und Interpretationen zur Klassifikation von Waren und anderen zollbezogenen Angelegenheiten heraus. Mithilfe dieser Standards können Staaten die Konsistenz und Genauigkeit ihrer Zolltarife fortlaufend anpassen und so die Anwendung der HS-Codes zunehmend harmonisieren.
5. Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT) und Welthandelsorganisation (WTO):
Das GATT war eine internationale Vereinbarung, die 1947 ins Leben gerufen wurde, um den Handel zwischen verschiedenen Ländern zu fördern und Handelsbarrieren abzubauen.
Zunächst als vorläufige Einrichtung gedacht, wurde das GATT jedoch über die Jahre hinweg mehrmals erweitert und aktualisiert. Schließlich wurde es 1995 von der Welthandelsorganisation (WTO) abgelöst, die eine umfassendere und rechtlich bindende Struktur für den internationalen Handel bietet. Die WTO-Verträge enthalten z.B. Bestimmungen betreffend der Zolltarifbindung, die für die Mitgliedstaaten festlegen, welche Zoll-Höchstsätze angebracht sind.
6. Nationale Handelspolitik und Strategien:
Zolltarife und die Handelspolitik eines Landes werden auch von den wirtschaftlichen und politischen Zielen der Regierung beeinflusst. Länder können eine Änderung der Zollhöhe vornehmen, um bestimmte Industrien zu schützen, Handelspartnerschaften zu fördern oder wirtschaftliche Ziele zu erreichen.
Ausblick: Wie werden sich die Rechtsgrundlagen weiterentwickeln?
Die rechtlichen Grundlagen des Zolltarifs stehen jedoch auch vor Herausforderungen. Die Komplexität der Tarifstrukturen, der Bedarf an gerechten und transparenten Zollsätzen, die Notwendigkeit der Anpassung an sich ändernde Handelsbedingungen und die Herausforderungen im Bereich der Handelserleichterung sind einige der Aspekte, die berücksichtigt werden müssen.
In Anbetracht der zunehmenden Globalisierung und der technologischen Entwicklungen ist die Zukunft des Zolltarifs von großer Bedeutung. Die Harmonisierung der Zollverfahren, die Digitalisierung von Zollabwicklungen und die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit werden entscheidend sein, um sicherzustellen, dass der weltweite Handel reibungslos und fair abläuft.
Fazit zum Zolltarif
Die Verordnung EWG Nr. 2658 87 war der Ausgangspunkt für die aktuellen rechtlichen Grundlagen des Europäischen Zolltarifs. Allgemein sind nationale Gesetze und Verordnungen der primäre Mechanismus, durch den ein Staat die Klassifikation von Waren, die Anwendung von Zollsätzen und die Abwicklung von Zollverfahren festlegt. Diese nationalen Regelungen reflektieren die individuellen wirtschaftlichen und politischen Ziele eines Landes und bestimmen, wie der Handel mit anderen Ländern vonstattengeht.
Auf internationaler Ebene bieten Handelsabkommen und -organisationen wie die Welthandelsorganisation (WTO) eine zusätzliche rechtliche Grundlage. Diese Abkommen fördern die Handelserleichterung und die Beseitigung von Handelshemmnissen, indem sie Zollsätze festlegen, die zwischen den beteiligten Ländern gelten.
Das Harmonisierte System (HS) als standardisiertes Klassifikationssystem erleichtert die einheitliche Identifizierung und Klassifizierung von Waren weltweit. Es bildet die Grundlage für die genaue Anwendung von Zollsätzen und trägt zur Effizienz der Zollabwicklung bei.
Die Standardisierung wird voraussichtlich auch zukünftig eine wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung der Verordnung EWG Nr. 2658 87 und damit den rechtlichen Grundlagen des Zolltarifs spielen.