Mit dem BREXIT verlor das Vereinigte Königreich viele internationale Handelsabkommen, die für Mitgliedsstaaten der EU vorgesehen sind. Das hatte vor allem Folgen für Präferenzen aus Handelsabkommen: Wichtige Zollbefreiungen und -begünstigungen der EU entfielen somit offiziell. Jedoch hatte das Vereinigte Königreich bereits in Vorbereitung auf den BREXIT – und auch im Anschluss daran – zahlreiche eigene Abkommen verhandelt. Wir geben Ihnen einen Überblick zum Handels- und Kooperationsabkommen des Vereinigten Königreichs mit der EU und listen außerdem weitere internationale Freihandelsabkommen von Großbritannien und Nordirland auf.
Inhaltsverzeichnis:
- Was der BREXIT für die Abkommen des Vereinigten Königreichs bedeutete
- Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigtem Königreich
- Handelsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und weiteren Ländern
Was der BREXIT für die Abkommen des Vereinigten Königreichs bedeutete
Großbritannien und Nordirland verließen die Europäische Union als United Kingdom zum 01. Februar 2020. Seit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU (dem sogenannten BREXIT) muss sich die britische Union selbständig neue Abkommen zum internationalen Dienstleistungs- und Warenverkehr mit anderen Staaten sichern. Ohne den Status als Mitgliedstaat der Europäischen Union gelten sämtliche von der EU verhandelte Freihandelsabkommen für das Vereinigte Königreich nämlich nicht mehr.
Die Verbindung zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU war nach dem BREXIT zunächst durch ein Austrittsabkommen mit Übergangsregelungen gekennzeichnet. Durch das neue Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich kam diese Übergangsphase zum Ende; ab dem 01. Januar 2021 verließen Großbritannien und Nordirland damit endgültig das Zollgebiet und den Binnenmarkt der Europäischen Union.
Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigtem Königreich
Trotz des BREXIT ist es im Interesse der EU, die Handelsbeziehung zum Vereinigten Königreich durch ein Abkommen zu regeln – zum Beispiel, um für EU-Unternehmen die Einfuhr ins Vereinigte Königreich zu vereinfachen. Denn das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU regelt unter anderem den Warenverkehr für beide Parteien. Es klärt die gültige Präferenz von bestimmten Waren und Dienstleistungen für deren Einfuhr in die EU oder das Vereinigte Königreich und ist damit ein bedeutendes Freihandelsabkommen von Großbritannien und Nordirland, aber auch der Europäischen Union. Gegenstand des Abkommens sind außerdem Aspekte wie:
- Handel im digitalen Raum
- Fischerei
- Luft- und Straßenverkehr
- Energie und Nachhaltigkeit
- Sicherheit und Strafverfolgung
- fairer Wettbewerb zwischen den Vertragsparteien
- Grundrechte
Handelsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und weiteren Ländern
Das Vereinigte Königreich verhandelt Freihandelsabkommen mit verschiedenen Staaten und Zollgebieten. Einige dieser Abkommen sind bereits in Kraft getreten. Zu den aktuellen Freihandelsabkommen von Großbritannien und Nordirland gehören unter anderem:
Afrika
Um auch nach dem BREXIT an bestehende Handelsbeziehungen mit afrikanischen Ländern anzuschließen, hat das Vereinigte Königreich mit verschiedenen Regionen Afrikas eigene Freihandelsabkommen beschlossen oder verhandelt solche weiterhin. Zu den bereits bestehenden Wirtschaftspartnerschaftsabkommen gehören Vereinbarungen mit:
- den ESA States (Eastern and Southern African States: Mauritius, Seychellen und Zimbabwe; Madagaskar, Komoren und Sambia sollen folgen)
- SACUM (Southern African Customs Union Member States and Mozambique)
- Cote d’Ivoire
- Kenia
- Ghana
- Kamerun
Außerdem gibt es Assoziierungsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und:
- Marokko
- Tunesien
- Ägypten
Albanien
Das Vereinigte Königreich hat mit Albanien ein eigenes Abkommen beschlossen. Neben Zollpräferenzen für den Dienstleistungs- und Warenverkehr ist das Ziel der Vereinbarung eine vertiefte Kooperation rund um sicherheitspolitische Belange. Somit umfasst das Handelsabkommen von Großbritannien und Nordirland mit Albanien auch Bestimmungen zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität. Das Abkommen ist seit dem 3. Mai 2021 in Kraft.
Australien
Im Mai 2023 trat ein Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien, Nordirland und Australien in Kraft. Zuvor hatten das Vereinigte Königreich und Australien drei Jahre lang ein neues Abkommen verhandelt. Es kommt damit einem möglichen Handelsabkommen zwischen der EU und Australien zuvor. Durch die Vereinbarung profitieren Händler aus dem Vereinigten Königreich und Australien von verschiedenen Zollpräferenzen, wobei für bestimmte Güterklassen präferenzielle Zölle in Staffelungen nach und nach eingeführt werden. Gegenstand des Abkommens sind neben den Dienstleistungs- und Warenverkehr-Investitionen, die Digitalisierung, der Schutz geistigen Eigentums sowie Bestimmungen für KMUs.
Libanon
Für den Handel zwischen dem Vereinigten Königreich und dem Libanon gelten verschiedene Zollpräferenzen und Bestimmungen rund um den zwischenstaatlichen Handel mit Waren und Dienstleistungen. Hinzu kommen Vereinbarungen rund um den Schutz von geistigem Eigentum sowie Bestimmungen zu Belangen des öffentlichen Beschaffungswesens. Festgehalten sind die Regelungen in dem internationalen Handelsabkommen, das bereits 2019 unterzeichnet wurde.
Island, Norwegen, Liechtenstein
Zwischen 2021 und 2022 wurde nach und nach ein Freihandelsabkommen zwischen den Vertragsparteien Vereinigtes Königreich, Island, Norwegen und Liechtenstein unterzeichnet und freigegeben. Damit hat sich die UK auch mit den sogenannten EFTA-Staaten ein eigenes Abkommen gesichert. Besonders sind in diesem Fall die Inhalte der Vereinbarung. Das plurilaterale Freihandelsabkommen von Großbritannien und Nordirland umfasst wirtschaftliche Bestimmungen, aber auch solche, die explizit den E-Commerce und das Thema Nachhaltigkeit betreffen. Außerdem wird gesondert auf KMUs eingegangen.
Japan
Das Vereinigte Königreich hatte sich seit Frühling 2020 um ein Abkommen mit Japan bemüht. Bereits im September desselben Jahres wurde ein Freihandelsabkommen unterzeichnet. Es trat am 1. Januar 2021 in Kraft und beinhaltet umfassende Zollbefreiungen für britische Einfuhren nach Japan sowie verschiedene Ursprungsregeln für deren Verkauf. Dazu gehören beispielsweise landwirtschaftliche Erzeugnisse und Automobilwaren. Ziel des Abkommens sind außerdem die Unterstützung für britische Unternehmen aus dem Finanz- und Technologie-Sektor, vereinfachte Visa-Erteilungen für den Personenverkehr zwischen den beiden Staaten und vieles mehr. Durch das Freihandelsabkommen von Großbritannien und Nordirland mit Japan könnte eine erste Basis für ein Abkommen des Vereinigten Königreichs mit der CPTPP-Zone (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership) sein, zu der Japan bereits gehört.
Kanada
Nach dem BREXIT gingen die Regelungen für die Wirtschaftsbeziehung zwischen Kanada und dem Vereinigten Königreich, die sich aus dem CETA-Abkommen ergaben, zunächst in ein Roll-Over-Agreement über. Seit März 2022 verhandelten beide Vertragsparteien über eine Revision des bestehenden Abkommens. Ziel waren erweiterte Bestimmungen in Bereichen wie dem Umweltschutz und der Digitalisierung. Zuletzt gaben die beiden Staaten im Januar 2024 den Abbruch der Verhandlungen bekannt. Es war zu Uneinigkeiten beim Handel von Rindfleisch und Käse gekommen.
Mexiko
Auch mit Mexiko hat das Vereinigte Königreich im Anschluss an den BREXIT ein neues Abkommen unterzeichnet. So behielten viele Handelsvorteile und Bestimmungen aus der Zeit, in der die UK zur EU gehörte, ihre Gültigkeit. Das Freihandelsabkommen von Großbritannien, Nordirland und Mexiko besteht offiziell seit Juni 2021, wird jedoch seit 2022 weiterverhandelt. Ziel ist es, aus einem Roll-Over-Agreement ein modernes Abkommen zu entwickeln. Es soll bestehende Regelungen erweitern und zukünftig unter anderem die Gleichstellung der Geschlechter thematisieren.
Moldau
Als Roll-Over-Agreement des EU-Moldau-Abkommens entstand ab 2020 auch zwischen dem Vereinigten Königreich und Moldau ein Partnerschafts-, Handels- und Kooperationsabkommen. Seit dem 4. Februar 2022 ist dieses offiziell gültig und soll beispielsweise den bilateralen Handel mit Gemüse, Obst und Kleidung durch Zollpräferenzen fördern. Ziel ist darüber hinaus der Ausbau der Zusammenarbeit bei politischen und sogar kulturellen Belangen.
Nordmazedonien
Seit dem endgültigen Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU-Zollunion ist zwischen Großbritannien, Nordirland und Nordmazedonien ein eigenes Abkommen in Verwendung. Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung Nordmazedoniens für den Handel der UK mit dem Westbalkan legt das Freihandelsabkommen verschiedene Zollpräferenzen für den Dienstleistungs- und Warenverkehr fest. Zusätzlich sollen damit geistiges Eigentum, das öffentliche Beschaffungswesen, Hygiene und der Pflanzenschutz bilateralen Vereinbarungen unterliegen. Das internationale Handelsabkommen wurde erstmalig am 1. Januar 2021 gültig.
Neuseeland
Ähnlich wie beim VK-Australien-Abkommen musste im Fall von Neuseeland ein neues Freihandelsabkommen entwickelt werden. Der Entwurf trat im Mai 2023 vollständig in Kraft. Dem Abkommen folgen umfangreiche Zollbefreiungen und -begünstigungen im bilateralen Handel, wobei vorerst verschiedene Zollkontingente gelten können. Von Bedeutung sind außerdem die vertraglichen Vereinbarungen zu Themen wie Produktstandards, Investitionen, Umweltschutz und vielem mehr.
Schweiz
Zum Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU am 1. Januar 2021 trat ein weiteres Freihandelsabkommen von Großbritannien und Nordirland in Kraft – und zwar mit der Schweiz. Im Rahmen des Abkommens regelten beide Parteien den bilateralen Waren-, Straßen- und Luftverkehr, wobei die Ursprungsregeln für den Handel zum 1. September 2021 nochmals überarbeitet wurden. Das Abkommen setzt damit die sogenannte „Mind the Gap”-Strategie der Schweiz um, welche eine weitere Zusammenarbeit zwischen UK und Schweiz auch nach dem BREXIT anstrebte. Mit dem internationalen Handelsabkommen wurden darüber hinaus Vereinbarungen zum Thema Versicherungen und zur Migration beschlossen. Übernommen wurden außerdem bisherige Standards der Mutual Recognition Agreements (MRA), die die Compliance in Bereichen wie der Medizin regeln.
Serbien
Über das UK-Serbia Partnership, Trade and Cooperation Agreement regeln das Vereinigte Königreich und Serbien den zwischenstaatlichen Dienstleistungs- und Warenverkehr. Ebenfalls Inhalt des Handelsabkommens sind Maßnahmen zur Hygiene und zum Pflanzenschutz sowie Regelungen, die den Schutz von geistigem Eigentum und das öffentliche Beschaffungswesen betreffen. Das Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien, Nordirland und Serbien basiert dabei auf dem Abkommen zwischen Serbien und der EU, und kann seit 2021 aktiv für den bilateralen Handel genutzt werden.
Singapur
Gültig seit dem 11. Februar 2021 ist ein Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und Singapur. Neben Japan gehört dieses Land zur CPTPP sowie der ASEAN (Association of Southeast Asian Nations), wodurch sich das Vereinigte Königreich einem möglichen Abkommen mit beiden Bündnissen annähert. In dem bestehenden Freihandelsabkommen von Großbritannien und Nordirland mit Singapur sind Regelungen für den bilateralen Dienstleitungs- und Warenverkehr, den Umgang mit geistigem Eigentum sowie Belange des öffentlichen Beschaffungswesens festgehalten. Seit 2022 besteht außerdem ein Abkommen zum E-Commerce zwischen beiden Staaten.
Südkorea
Neben dem Abkommen mit der EU und Japan beschloss das Vereinigte Königreich zum 1. Januar 2021 auch einen Vertrag über den Warenverkehr mit Südkorea. Zuvor waren seit 2019 Verhandlungen zwischen den beiden Vertragsparteien gelaufen. Das Freihandelsabkommen von Großbritannien und Nordirland mit Südkorea basiert auf dem Abkommen zwischen der EU und Südkorea, geht zum Teil jedoch sogar über dieses hinaus. Es gelten demnach für den Warenverkehr zwischen UK und Südkorea verschiedene Ursprungsregeln und Zollpräferenzen, wobei die Einfuhr in das Vereinigte Königreich für bestimmte Güter noch günstiger sein kann als die Einfuhr in die EU. Das internationale Handelsabkommen legt außerdem Bestimmungen zum Pflanzenschutz, geistigen Eigentum und anderen Aspekten fest.
Türkei
Angelehnt an die Bestimmungen der Zollunion zwischen EU und Türkei sowie deren Abkommen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, Kohle und Stahl hat das Vereinigte Königreich ein Abkommen mit der Türkei vereinbart. Seit dem 1. Januar 2021 gelten daher Zollpräferenzen für den Handel zwischen beiden Staaten. 2023 begannen beide Vertragsparteien darüber hinaus Verhandlungen über eine Ausweitung des Handelsabkommens. So sollen zukünftig auch Dienstleistungen und Digitales im Freihandelsabkommen abgedeckt werden – zwei wichtige Sektoren für die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs.
Ukraine
Bereits 2020 beschlossen das Vereinigte Königreich und die Ukraine ein umfangreiches Freihandelsabkommen. Dieses wurde größtenteils als Roll-Over-Agreement realisiert und orientiert sich in vielen Aspekten an dem EU-Abkommen mit der Ukraine. Gegenstand des Abkommens, das seit dem endgültigen EU-Austritt der UK Anwendung findet, sind zum einen Zollpräferenzen für den bilateralen Handel. Zum anderen beschäftigt sich die Kooperation der beiden Staaten mit der internationalen Sicherheit, Menschenrechten und Klimaschutz. Im Mai 2022 beschloss das Vereinigte Königreich zudem umfangreiche Zollbefreiungen für ukrainische Güter. Diese Vereinbarung wurde – als Unterstützung des wirtschaftlichen Wiederaufbaus der Ukraine – im Februar 2024 bis 2029 verlängert.
Vietnam
Ein Freihandelsabkommen von Großbritannien und Nordirland mit Vietnam ist am 1. Mai 2021 in Kraft getreten. Auch dieses Land gehört zur CPTPP; das bilaterale Freihandelsabkommen ist deshalb bedeutsam für mögliche Verhandlungen zwischen UK und CPTPP. Bis dahin gelten zwischen dem Vereinigten Königreich und Vietnam ein präferenzieller Warenverkehr sowie Regelungen zum Dienstleistungsverkehr und schutzrechtliche Bestimmungen für Produkte beider Vertragsparteien.